In einer Zeit, in der Unternehmen weltweit mit steigenden Kundenerwartungen, komplexeren Lieferketten und der Notwendigkeit zur Prozessautomatisierung konfrontiert sind, rückt das SAP-Modul Sales and Distribution (SD) erneut in den Mittelpunkt der ERP-Landschaft. Besonders im Zusammenspiel mit SAP Extended Warehouse Management (EWM) gewinnt SD zunehmend an strategischer Relevanz – nicht nur als operatives Vertriebswerkzeug, sondern als zentrale Schnittstelle zwischen Kundenauftrag und physischer Warenbewegung.
Was ist SAP SD?
SAP SD (Sales and Distribution) bildet die Prozesse rund um Angebotserstellung, Auftragserfassung, Preisfindung, Lieferung, Fakturierung und Gutschriften ab. Es ist somit essenziell für den Order-to-Cash-Prozess und sorgt dafür, dass Kundenbestellungen reibungslos in Lieferung und Abrechnung überführt werden.
Der Wandel: Von klassischer Auftragsabwicklung zur Prozessintegration
Traditionell war SD ein in sich geschlossenes Modul, das hauptsächlich mit FI (Finanzwesen) und MM (Materialwirtschaft) interagierte. Mit der Einführung von SAP S/4HANA und der stärkeren Entkopplung bzw. Integration von SAP EWM ändert sich jedoch die Architektur – und damit auch die Rolle von SD im Gesamtgefüge.
Warum ist das wichtig?
Die Vertriebsprozesse enden nicht mehr mit der Erstellung einer Lieferung – sie verzahnen sich direkt mit logistischen Abläufen im Lager, die in EWM gesteuert werden. Damit wird SD zur Drehscheibe zwischen Kundenanforderung, Verfügbarkeitsprüfung (ATP), Lageraktivitäten und Transportabwicklung.
Praxisbeispiel: Just-in-Time-Lieferung in der Automobilindustrie
Ein international tätiger Automobilzulieferer nutzt SAP SD zur Verwaltung seiner Kundenaufträge, die häufig mit kurzfristigen, präzise getakteten Lieferterminen verbunden sind.
- Auftragserfassung in SD
Ein OEM bestellt Stoßfänger-Module – der SD-Auftrag enthält spezifische Materialien, Lieferpläne und kundenspezifische Verpackungsvorgaben. - Lieferung & EWM-Integration
Nach Auftragserstellung wird die Lieferung automatisch generiert und an SAP EWM übergeben. Dort beginnt die Kommissionierung nach FIFO-Prinzipien und unter Einhaltung von Chargenpflichten. - Lagerprozesse im EWM
Das Lagerpersonal wird über mobile Geräte (RF/MDE) gesteuert. EWM organisiert Pick-Wellen, erstellt Handling Units und sorgt für den pünktlichen Versand. - Rückmeldung & Fakturierung
Nach erfolgreichem Warenausgang wird die Rückmeldung automatisch an SD übermittelt, was die Lieferung abschließt. Im Anschluss wird die Rechnung erstellt und an den Kunden gesendet.
Ergebnis: Ein vollständig integrierter End-to-End-Prozess mit Echtzeit-Transparenz – von der Bestellung bis zur Auslieferung.
Neue Anforderungen an Consultants und Key User
Durch die stärkere Integration ist nicht nur technisches Know-how gefragt, sondern auch ein prozessuales Verständnis über Modulgrenzen hinweg. SD-Berater sollten heute auch EWM-Prozesse verstehen, insbesondere wenn es um Lieferobjekte, Versandaktivitäten, Packvorschriften oder Transportplanung geht.
Fazit
SAP SD ist längst nicht mehr „nur“ ein Vertriebsmodul – es ist ein zentraler Baustein in der intelligenten, durchgängigen Auftrags- und Lieferabwicklung. In Kombination mit SAP EWM entstehen neue Möglichkeiten zur Automatisierung, Optimierung und Kundenorientierung. Wer heute erfolgreich in SAP-Projekten agieren möchte, kommt an der engen Verzahnung beider Module nicht mehr vorbei.