Die diesjährige SAP Sapphire in Orlando hat eindrucksvoll gezeigt, wohin die Reise geht – und wo Stolpersteine liegen. Als Senior SAP Berater mit Fokus auf Transformation und Integration war für mich besonders spannend zu sehen, wie konsequent SAP seine Plattform auf künstliche Intelligenz, saubere Architekturen und datengetriebene Entscheidungen ausrichtet.
Was war neu?
Der mit Abstand prägendste Impuls kam mit dem sogenannten Business AI Flywheel – einem strategischen Rahmen, mit dem SAP seine KI-Funktionen systematisch in den Unternehmensalltag bringt. Hier wird deutlich: Es geht nicht mehr um einzelne Tools oder Chatbots, sondern um das nahtlose Zusammenspiel von Anwendungen, Daten und intelligenten Services – eingebettet in die Geschäftsprozesse.
Besonders bemerkenswert: Joule, der KI-Copilot von SAP, wurde nicht nur weiterentwickelt, sondern in alle Kernanwendungen integriert. Laut SAP bietet Joule über 1.600 Use Cases – von operativer Hilfe in S/4HANA bis hin zu Management-Einblicken in Echtzeit. Für uns Berater bedeutet das: Die Benutzererfahrung verändert sich spürbar – schneller, personalisierter, proaktiv.
Technologische Weiterentwicklungen
Die neu vorgestellte AI Foundation mit dem integrierten Prompt Optimizer zeigt, wie ernst SAP das Thema „Enterprise AI“ nimmt. Statt Unternehmen mit der Erstellung effektiver Prompts allein zu lassen, optimiert SAP die Eingabeaufforderungen automatisch und macht KI so zugänglicher – ein praktischer Schritt Richtung Alltagstauglichkeit.
Auch die Business Data Cloud, die SAP gemeinsam mit Partnern wie Palantir weiter ausrollt, war ein zentrales Thema. Sie soll helfen, SAP- und Non-SAP-Daten semantisch einheitlich und in Echtzeit zu analysieren – ein klarer Move in Richtung offener, interoperabler Plattformarchitekturen.
Strategische Richtung
Aus technischer Sicht war eine Kernbotschaft unübersehbar: „Clean Core oder kein Core.“ Anpassungen sollen zukünftig über die SAP Business Technology Platform (BTP) realisiert werden. Für viele Kunden bedeutet das: weg von Modifikationen im ERP, hin zu stabilen, updatefähigen Systemen – und damit auch zu deutlich mehr Beratungsbedarf bei der Neuorganisation von Erweiterungen.
Ein weiteres zukunftsweisendes Thema war Agentic AI – also autonome KI-Agenten, die z. B. Lieferketten oder Vertriebsprozesse selbstständig steuern. Was heute noch wie ein Innovationslabor klingt, könnte in wenigen Jahren fester Bestandteil moderner SAP-Architekturen werden.
Was bleibt herausfordernd?
SAP setzt fast alle Innovationen konsequent in der Cloud um – ein nachvollziehbarer, aber nicht für jedes Unternehmen einfacher Weg. Kunden mit On-Premise-Systemen stehen vor der Herausforderung, entweder RISE- oder GROW-Pfade zu gehen oder neue hybride Architekturen zu entwickeln. Hier sind wir Berater gefragt, praktikable Übergangsszenarien zu gestalten.
Ein zweiter Punkt ist die Realität hinter dem Versprechen von +30 % Produktivitätsgewinn durch KI. Ja, die Technologie ist beeindruckend – aber sie entfaltet ihr volles Potenzial nur dann, wenn auch Prozesse gestrafft und Teams befähigt werden. KI ist kein Selbstläufer, sondern braucht Change Management und klare Governance.
Fazit
SAP hat mit Sapphire 2025 deutlich gemacht, wo es langgeht: KI-gestützte Prozesse, offene Datenstrukturen und eine saubere, erweiterbare Cloud-Plattform. Für Kunden bedeutet das neue Chancen – aber auch die Notwendigkeit, die eigene Systemlandschaft strategisch weiterzuentwickeln.
Für uns Berater ist es eine spannende Zeit: Wer heute fundiert berät, technische Tiefe mit Geschäftsverständnis kombiniert und Kunden auf Augenhöhe begleitet, wird in den kommenden Jahren mehr denn je gebraucht.